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Frieden mit Frauen in fünf Schritten

Aktualisiert: 22. Feb. 2020


Statement auf dem Katholikentag, Freitag, 11. Mai, Podium Frau in Liturgie 1. Frauen sind eine Spezies, der man mit äußerstem Misstrauen begegnen muss. Ihr Gefahrenpotenzial muss gründlich untersucht werden. In der katholischen Kirche dauert diese Untersuchung nun schon 2000 Jahre, und sie ist längst noch nicht abgeschlossen. Manche sagen, Frauen gibt es erst seit 1968, sie sind eine Zeitgeist-Erscheinung, die wieder verschwindet. Manche behaupten, es gab sie schon beim Zweiten Vatikanischen Konzil, was in der katholischen Kirche immer eine Aussage mit beruhigender Wirkung ist. Gerade beschäftigt der Vatikan wieder eine Expertengruppe, um zu erforschen, was es mit dem Weiblichen auf sich hat und ob möglicherweise Ämter für weibliche Wesen möglich sind. Die Frau ist das andere Wesen. Die Norm ist der Mann, die Frau ist die Abweichung. Frauen werden entweder auf – oder abgewertet, aber sie ziehen nie gleich. Die aktuelle Sprachregelung heißt: Die Frau ist gleichwertig, aber nicht gleichartig.

2. Wie eine Frau zu sein hat, definieren Männer. Männer – geweihte Männer – wissen viel besser, was Frauen wollen sollen als Frauen selbst. Deshalb weisen Männer Frauen ihren Platz in der Kirche zu, Mutter oder Jungfrau, dazwischen kann SIE sich entscheiden. Männer zirkeln den Radius ab, in dem Frauen sich bewegen dürfen. Verlassen sie diesen Kreis, sind sie keine wahren katholische Frauen. Ich nehme als Beispiel ein Schreiben von Joseph Ratzinger von 2004 - wohlgemerkt nicht 1904 oder 1004. Es behauptet im Titel, sich mit der Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen in der Kirche zu beschäftigen. Tatsächlich beschützt es Frauen vor sich selbst. Die anderen Wesen werden gewarnt: vor dem Genderismus, vor Machtkämpfen, vor der Vermännlichung. Frauen dürfen nicht fordern, sie dürfen sich nichts nehmen, sie dürfen nur annehmen. Das gilt bis heute. Im günstigsten Fall trifft die Frau auf ein gönnerhaftes Gegenüber, das fragt: Darf ich ihnen meinen Frauenförderplan zeigen? Was dem Verführer von einst die Briefmarkensammlung war, ist dem aufgeschlossenen Bischof von heute der Frauenförderplan. 3. Dieser aufgeschlossene Bischof fragt zurück: Warum muss es denn unbedingt das Priesteramt sein? Sie können doch hier Referatsleiterin werden. Ich antworte dann mit einer Gegenfrage: Warum nicht Priesterin? Diese Frage ist so alt wie die Kirche selbst. So alt, dass Männer wie Augustinus, Bonaventura und Thomas von Aquin sie schon mit nein beantwortet haben. Der Grund: Frauen sind nicht so gottesebenbildlich wie der Mann. Frauen sind also minderwertig. Erst als das nicht mehr sagbar war, wurden jene theologischen Argumente nachgeschoben, die bis heute unablässig wiederholt werden: Jesus hat nur Männer berufen! Der Priester verkörpert die Person Christi! Die Apostel haben auch nur Männer berufen! Dazu kommt die Verpflichtung zum Gehorsam: Johannes Paul II. hat 1994 die Tür abgeschlossen und den Schlüssel dreimal herumgedreht. Wenn daran immer noch rüttelt, wird entweder mit der Weltkirche ruhiggestellt oder mit dem Satz: Es gibt weiß Gott wichtigeres! Auch der ökumenische Betäubungssatz schlechthin fehlt nie: „Die Protestanten haben die Frauenordination, stehen die etwa besser da? Bei denen sind die Kirchen noch leerer.“ Hinzu kommt all das Unausgesprochene: die Frau als Verführerin, als Unreine, als diejenige, die den Mann um den Verstand bringt. Das Geflecht aus theologischen, historischen, machttaktischen und psychologischen Gründen und Begründungen ist so dicht, dass es bisher noch niemandem gelungen ist, es zu entwirren. Mehr noch: Die Nicht-Weihe von Frauen gilt als katholisches Identitätsmerkmal, als Markenkern. In manchen Kreise sieht es so aus, als habe sich Jesus allein deshalb kreuzigen lassen, um Priesterinnen zu verhindern.

4. Fleiß ist meist das Gegenteil von Einfluss. Gerade Theologinnen haben fleißig Beweise herangeschafft, wie wichtig Frauen im Leben Jesu und der frühen Kirche waren. Fast immer geht es um starke Frauen, um besonders kluge Frauen. Endlich steht aufgrund solcher Forschungen nun auch in der Einheitsübersetzung die Apostelin Junia. Ich möchte diese Arbeit nicht abwerten. Aber: Meiner Ansicht nach ist das der falsche Weg. Frauen müssen nicht beweisen, dass sie besser, spiritueller, seelsorgerlicher sind als Männer. Sie müssen auch nicht beweisen, dass sie die Kirchen wieder voll bekommen. Wenn Priester oder Bischöfe die Legitimität ihrer Berufung mit Zahlen belegen müssen, dann käme der Klerus arg in Rechtfertigungsnot. Die Mehrwertfrage „Was bringen denn Priesterinnen?“ ist besonders entwürdigend. Frauen brauchen nichts Eigenes, kein katholisches Jodeldiplom in Gestalt eines Diakoninnenamtes. Was ist an dem Satz: „Frauen sind gleichberechtigt zu allen Ämtern und Diensten zugelassen“ so schwer? 5.

Ich bin berufsbedingt debattengestählt. Allerdings bin ich in keiner Debatte mit so viel Irrsinn konfrontiert worden, wie nach Erscheinen des Buches Weiberaufstand. Da lese ich: Männer müssten sich doch auch damit abfinden, nicht gebären zu können. Ich müsse doch als Katholikin die Braut-und-Bräutigams-Mystik nachempfinden können, belehrt mich eine theologische Fachzeitschrift. Es sollte doch nicht um Macht gehen, sondern um Begeisterung und da könnten gerade Frauen doch besonders viel einbringen, jubiliert eine eine junge Theologien auf einem katholischen Portal. Der Heilige Geist sorge dafür, dass die Weihe an einer Frau abperle, versichern mir die Piusbrüder. Frauen sind keine Erscheinung des Zeitgeistes. Nicht die Gleichberechtigung wäre eine Anpassung, sondern die Diskriminierung war und ist eine Anpassung an patariarchale Verhältnisse. Nicht die Weihe von Frauen ist ein Verrat am Evangelium, ihre Diskriminierung verrät die emanzipatorische Botschaft. Nein, Frauen sind keine Erfindung von 1968. Sie gehen nicht wieder weg. Sie gehen bloß aus der Kirche.


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