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Die Bräuteschule. Oder: Wie ich zur Frau wurde, die hinter ihren Bischöfen steht

Aktualisiert: 31. März 2022

Eines der wichtigsten Machtwörtchen in römisch-katholischen Reformdebatten ist „nicht hilfreich“. Was Hilfe ist, bestimmt der Hierarch. Ich mache meistens Vorschläge, die nicht hilfreich sind. Gleichberechtigung der Geschlechter, Ende der Diskriminierung, Weiberaufstand – alles zu maximal, zu undiplomatisch, zu aggressiv.




Weil es gerade so viel Destruktion in der Welt gibt, möchte ich zur Frauenfrage/Thematik Frau/Rolle der Frau/Stellung der Frau in Kirche, Gesellschaft und Welt etwas Konstruktives beitragen.


Die wahre Frauenfrage lautet: Was wären wir Weiber ohne unsere Bischöfe?


Am 8. März wünschte uns die vollversammelte Deutsche Bischofskonferenz per Twitter einen „wunderschönen Weltfrauentag“. Dekoriert war die Kurzgratulation mit einem Foto von „starken Frauen, die hinter unseren Bischöfen stehen“.


Normalerweise spotte ich über so etwas und gehe in Weiberabstandsposition. Damit ist es vorbei. Ich versammle mich voll und ganz und bekenne feierlich: Ich gehöre zu den #FrauenDieHinterUnserenBischöfen stehen. Es freut mich, wenn einer meiner Bischöfe den Kopf nach hinten dreht und lächelnd sagt: „Frau Florin, das war hilfreich“.


"Ich selbst lasse mich auch von Frauen beraten"

Früher habe ich hier von der Seitenlinie genörgelt und mich dabei stark gefühlt. Jetzt weiß ich: Das war schwach. Wahre Stärke zeigt sich darin, die Leistung von Hierarchen anzuerkennen. Seit ich mich im Rücken unserer Bischöfe befinde, erkenne ich die Fortschritte in der Frauenfrage/Thematik Frau/Rolle der Frau/Stellung der Frau in Kirche, Gesellschaft und Welt. Mir fällt auf, dass die hochwürdigsten Herren nicht mehr über Frauen nachdenken. Sie gehen auch nicht mehr auf sie zu oder mit ihnen um. Sie gehen so schnell zum Wohle des Weibes voran, dass ich hinter ihnen stehend nicht mehr mitkomme. Kaum hatte ich die Augsburger Porzellankiste mit den schönsten Mixa-Sprüchen entsorgt (Google-Suchwort: Gebärmaschine), musste ich mir schon eine Bertram-Meier-Geschirrkollektion mit Mützenfoto und dem Wahlspruch „Habt keine Angst vor Frauen!“ zulegen.

Das Wort "Angst" im Schriftzug war gerade trocken, da waren diese Sammeltassen schon wieder veraltet. Ein neuer Meier-Spruch ist in Arbeit: „Ich selbst lasse mich auch von Frauen beraten“, damit werden wir uns beim nächsten Klosterschülerinnen-Kaffeeklatsch zuprosten.


Heiner geht weiter als Rainer


Berlins Erzbischof Heiner Koch eilt noch schneller als der Augsburger Amtsbruder an die Spitze der episkopal-feministischen Avantgarde. In der ZDF-Sendung Aspekte hatte er 2019 gesagt, er könne verstehen, dass sich Frauen zurückgesetzt fühlten, weil die Weihe Männern vorbehalten sei. Ändern könne er das nicht. Er erklärte das damals originell mit Adam und Maria, mit Geben und Empfangen. Nur knapp drei Jahre später sagt derselbe Mann der Berliner Zeitung: „Ich kann mir Priesterinnen in der katholischen Kirche vorstellen“. Das Ganze müsse, sagt Heiner Koch, auf der weltkirchlichen Ebene geregelt werden.


Kochs Vorstellung verlangt zwar noch immer, dass Weiber sich hintenanstellen, aber nur zeitweise und nicht für ewig. Eines Tages werden sogar starke Männer hinter unseren Bischöfinnen stehen. Die Damen brauchen dafür nur ungefähr so viel Geduld wie Adam, als er auf Maria wartete.


Bewohnerinnen des Erzbistums Köln wissen die mutige Berliner Männerfantasie erst recht zu schätzen. Rainer Maria Woelki, der #ErzbischofHinterDemImmerWenigerFrauenUndMännerStehen, kann sich Priesterinnen nicht einmal vorstellen. Heiner ist viel weiter als Rainer, darauf ein Halleluja und dreimal Prosit mit ein paar Gläschen Frauengold aus Mutters alten Beständen.


Das Einsamkeitsvertreibungsgeschöpf


Apropos Frauengold: Was wollen Weiber eigentlich mit den güldenen Gewändern? Haben sie das wirklich nötig? Eben. Völlig unterschätzt in emanzipatorischer Hinsicht wird bisher eine weitere erzbischöfliche Idee: Reinhard Marx gab Anfang Februar der Süddeutschen Zeitung ein großes Interview. Pünktlich zur Beerdigung des Münchner Missbrauchsgutachtens und zur nächsten Etappe auf dem Synodalen Weg sagte er: "Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet. Nicht nur aus sexuellen Gründen, sondern weil es für ihr Leben besser wäre und sie nicht einsam wären. Diese Diskussionen müssen wir führen."

Ich möchte mich an dieser Diskussion hilfreich beteiligen. Dafür habe ich zunächst achtsam in mich hineingehört, mein weibliches Charisma erspürt und aufmerksam wahrgenommen, was es wispert: Gibt es etwas Schöneres für eine Frau, als einem geweihten Mann die Einsamkeit zu vertreiben? Gibt es etwas Erfüllenderes für ein weibliches Wesen, als dem sexuellen Überdruck des Gatten in maßvoller Weise Abhilfe zu verschaffen? Kann ein Katholikinnenherz höher schlagen als in jener stillen Stunde, da es den Esstisch und den Marienaltar mit saisonalen Blumengebinden leibseelisch gestaltet? Dreimal Nein, sagen meine Charismen. Ja zum Jawort im Marxschen Sinne.


Nicht jede eignet sich als Pfarrbraut


Orientieren kann sich die post-zölibatäre Priestergemahlin an der evangelischen Pfarrersfrau. Die stand lange still im Schatten ihres Mannes und managte neben der eigenen Kinderschar auch noch Bibelgruppe und Blockflötenkreis.


Reinhard Marx hat - überraschend für einen Kleriker - im Interview mit der Süddeutschen nicht bedacht, welche Gefahr von weiblichen Wesen ausgeht. Sein evangelischer Kollege aus Bayern, Oberkirchenrat Hans Schmidt, war in dieser Hinsicht schon 1954 weiter. Er sagte in einer Rede: „Unter den Theologiestudenten der Gegenwart befinden sich viele Einzelgänger, die in der Gefahr stehen, von irgendwelchen Mädchen eingefangen zu werden. Wie kann hier geholfen werden? Es ist zu überlegen, ob nicht Möglichkeiten zwangloser Begegnung der Theologiestudenten mit Mädchen, die zur Pfarrbraut geeignet scheinen, geboten werden können. […] Die Kirchenleitung wird darauf sehen, dass der Dienst ihrer Vikare und Pfarrer nicht durch falsche oder problematische Brautwahl Schaden leidet. […] Es ist auch zu fragen, ob bei offensichtlichen Missgriffen nicht zur Entlobung geraten werden muss.“


Sex nach dem Dampfkesselmodell


Das katholische Reformlager gerät in Verzückung und reimt Kardinal auf liberal, wenn der Würdenträger die Zölibatspflicht aufheben will. Früher hätte ich mich lustig gemacht über das reaktionäre Frauenbild einer ehelichen Freudenspenderin und über Sextheorien nach dem Dampfkesselmodell. Aber jetzt möchte ich die Debatte um einen konstruktiven Vorschlag bereichern: Ich fordere eine römisch-katholische Bräuteschule sowie ein Eheanbahnungsinstitut, damit Theologiestudenten zwanglos künftigen Pfarrfrauen begegnen können.





Wie das gehen könnte, zeigt ein Archivschätzchen des Bayerischen Rundfunks. Die Reportage von 1958 erklärt, worauf es in einer Bräuteschule ankommt: Säuglingspflege, Kochen, Nähen, Haushaltsführung, Bügeln. https://www.br.de/mediathek/video/br-retro-braeuteschule-in-muenchen-av:5f94ab710741c3001bc8a0f1.


Damals war eine durchschnittlich begabte Braut in fünf Wochen mit der Ausbildung fertig. Sicherlich ist das Glätten eines römischen Kragens diffiziler als das Bügeln eines Dirndls, aber bis zum Ende des Synodalen Wegs dürfte die erste Bräutegeneration ihr Zertifikat in der Schürzentasche haben.


Die Befreiung des Mannes vom Zölibat


Die Befreiung des Mannes vom Zölibat ist die großartigste Reformidee von allen, gerade weil sie von unseren Bischöfen kommt. Dagegen verblasst jedes Gleichberechtigungsgedöns. Frauen, die hinter unseren Bischöfen stehen, können gönnen. Eine so goldene Idee sollte durch falsche Brautwahl keinen Schaden nehmen. Weiberaufstand war gestern. Heute ist die Zeit der Bräute. #IchBinDieFrauDieStillImSchattenIhresPriestersSteht.








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