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Die lästigen Weiber von Münster

Aktualisiert: 7. Jan. 2020

Als vor zwei Jahren das Buch "Der Weiberaufstand" erschien, kam postwendend die- Frage: Wo ist er denn, der Aufstand? Manchmal klang sie neugierig, oft hämisch. Betonkatholische Blogs belehrten mich sogleich: Männer können keine Kinder kriegen, Frauen nicht Priesterin werden, was soll daran ungerecht sein?


Jetzt ist der Aufstand da, dank der Marias aus Münster. Die Frauen der Heilig-Kreuz-Gemeinde mögen das Wort "Weib" nicht, es klingt ihnen zu abwertend, trotz der Geschichte der "Weiberräte". Sie nennen sich "Maria 2.0". Die demütige, dankbare, eingeschüchterte Maria 1.0 haben sie hinter sich gelassen. Sie streiken nicht, sie tun etwas. Die Aktion zieht weite Kreise.

Vor einigen Wochen habe ich für einen Artikel in der EMMA bei der Deutschen Bischofskonferenz nachgefragt, wie der Vorsitzende "Maria 2.0" bewertet. Er war zu keinem Statement bereit. Sein Pressesprecher teilte mir mit, ich solle mich an das Bistum Münster wenden. Gestern nun sah man den DBK-Pressesprecher in den Tagesthemen, vor der Kulisse des Petersdoms.

"Ignoranz ist ein scharfes Schwert“, sagt die Künsterlerin Lisa Kötter, eine der Initiatorinnen von "Maria 2.0". Von ihr stammen die Porträtzeichnungen mit und ohne Pflaster auf dem Mund.



Jetzt scheint es für Hierarchen nicht mehr möglich, diese lästigen Weiber von Münster zu übergehen. Der DBK-Pressesprecher appelliert an die Geduld. Streiks seien nicht das richtige Mittel. Im Weiberaufstandsvokabular nennt man so etwas Platzanweisergestus: Sitzenbleiben, Mädels, bis der große Vorsitzende euch die Erlaubnis zum Aufstehen gibt! Und das kann dauern.


Das demonstrative Schweigen wird gehört


Die kleine TV-Szene mit dem römischen Riesendom im Hintergrund zeigt aber vor allem: "Maria 2.0." hat es nicht nötig, von hohen Herren beachtet und begutachtet zu werden. Die Tische und Stände sind umlagert, das demonstrative Schweigen wird gehört, die Botschaft dahinter richtet sich an Katholikinnen und Katholiken: Wartet nicht mehr auf eine Genehmigung von oben, tut das, was ihr für Menschen- und Gottesdienst haltet.


Da ich nicht mit einem so edlen und uneitlen Charakter gesegnet bin wie ihn das Lehramt Frauen zuschreibt, muss ich sagen: Es erfüllt mich Genugtuung, dass diese Marias die Platzanweiser, die Zugangsversperrer, die Das-ist-ein-so-kompexes-Thema-da-muss-gründlich-nachgedacht-werden-Murmler intellektuell und spirituell blamieren. Es erfüllt mich mit Genugtuung, dass diese Marias die Diskriminierung und Verachtung von Frauen in der katholischen Kirche nicht mehr als "Würdigung der weiblichen Charismen" verbrämen. Es erfüllt mich mit Genugtuung, dass die "Freude am Glauben"-Fraktion im "heute journal" noch griesgrämiger dreinblickt als ohnehin. "Maria 2.0" ist schon jetzt erfolgreich, auch wenn am 19. Mai garantiert nicht die Priesterinnenweihe eingeführt wird.

Wer sich für Gleichberechtigung in der katholischen Kirche einsetzt, muss einiges aushalten: sei es Diffamierung, Pathologisierung und Auslöschungsphantasien, sei es ein gönnerhaft-mitleidiges "Ich bete für Sie". Meine Freude am Glauben verdichtet sich dann in der Standardantwort: "Ich bete zurück."


Ein muttihafter Zuruf


Es ist gerade in jenen katholischen Kreisen, die sich als Märtyrer der Wahrheit inszenieren, unvorstellbar, dass Menschen etwas sagen, weil sie es für richtig und belegbar halten und nicht, weil sie mediengeil und frustriert sind.

Eine dieser richtigen Ideen lautet: Wenn Katholikinnen für Gleichberechtigung streiten, dann verlangen sie etwas, das ihnen zu Unrecht vorenthalten wird. Sie müssen nicht Klerikern dafür dankbar sein, dass sie Messdienerinnen, Pastoralreferentin und Führungspositionscoachingteilnehmerin sein dürfen.


Ich möchte den lästigen Weibern von Münster heute, am Muttertag, etwas muttihaft zurufen: Ich bin stolz auf euch.


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