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Frauen! Sind! Wild! Und! Gefährlich!

Die römisch-katholische Kirche hat diese Bedrohung frühzeitig erkannt. Konsequent dichtet ihr Führungspersonal Türen und Fenster ab, damit kein Weib einsteigen kann. Großer Dank gebührt Johannes Paul II. dafür, dass er den Schlüssel der Hauptpforte dreimal herumgedreht hat. Kompliment auch an seine Nachfolger im Petrusamt, an Benedikt XVI. und Franziskus, sie passen Türen und Tore stets den aktuellen Empfehlungen der kriminalpolizeilichen Einbruchs- und Betrugspräventionfachstelle an. Man weiß doch, wie listig diese Weiber sind. Nicht ohne Grund warnte der selige Ede Zimmermann schon in den 70er Jahren im ZDF vor Nepper*innen, Schlepper*innen, Bauernfänger*innen. Vorsicht, Frauenfalle!


Wenn feucht der Südwind weht...


Mögen auch noch so viele Missbrauchsstudien weltweit den klerikalen Mann und seine spezifischen Lebensbedingungen als Risikofaktor ausmachen: Das Weibsbild ist die wahre Gefahr! Seit 2000 Jahren wird es kirchlich geprüft, bisher wurde ihm seitens der römischen Zentrale keine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt. Große Denker wissen warum: Die Zeugung von Mädchen könne er sich nur damit erklären, dass während des Aktes ungünstige, feuchte Südwinde geweht hätte, sinnierte der Heilige Thomas von Aquin. Das gilt noch immer.



Auf dem Synodalen Weg in Deutschland wehte beim Frauendings von Anfang ein laues Lüftchen. Die Rolle der Frau/Stellung der Frauen/Frauenfrage/Thematik Frau bekam erst auf den letzten Drücker ein eigenes Forum. Das wurde gemäß dem marianischen Prinzip mit der Überschrift "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" versehen. Das Mädchen soll dienen, das ist die Hauptsache. Hochwürdigste Herren, die allesamt umtost von den Stürmen des Heiligen Geistes gezeugt wurden, darf man nicht mit Gespenstern wie "Ende der Diskriminierung" erschrecken. Beim Wort "Gleichberechtigung" werden sie bleich, als schaute ihnen der Klabautermannn höchstselbst ins Gesicht.


Das katholische Elend


Die deutschen Bischöfe, die soooooo gern Macht abgeben wollten, demonstrierten auf den letzten Metern des Weges ihre Macht. Sie drohten: Entweder die Beschlüsse säuseln sanft wie der Südwind oder die bischöfliche Zwei-Drittel-Mehrheit kommt nicht zustande. Ein herrschaftskritischer Text hätte die Zustimmung der Herrschaften nicht gefunden. Auch nicht die des sogenannten Reformlagers. Schon am Anfang des Synodalen Weges hatte Kardinal Reinhard Marx, damals noch Vorsitzender der Bischofskonferenz, die Weiber davor gewarnt, "Maximalforderungen" zu stellen.


Nach drei Jahren Debatte kommt nun das Minimalste heraus: die Diakoninnenamts-Eventualiät. Das Wort "Leitungsamt" wurde aus dem Text gestrichen, zum Fortgang der Ereignisse heißt es: "Die pastoralen Erwägungen und theologischen Forschungen aus dem Kontext der deutschen Ortskirche werden auf allen Ebenen der internationalen Beratungen in den weltkirchlichen Diskurs eingebracht.“


Hui, da müssen sich die Machos in der Weltkirche aber warm anziehen, wenn die Deutschen im Kontext einer Beratung einen Diskurs in die Erwägung einbringen.


Die Erfurter Theologieprofessorin Julia Knop, eine der führenden Köpfe auf dem Synodalen Weg, sagt in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger: "Das katholische Elend ist, dass kein Rückschritt heute schon ein Fortschritt ist". Noch defensiver , noch schwächer als das Frauenpapier gehe es kaum. Regina Nagel vom Bundesverband der Gemeindereferentinnen, Synodale im Frauen-Forum, schreibt auf facebook, sie habe einen Text zur Gleichberechtigung gewollt und vorgeschlagen, die Ablehnung durch die Bischöfe zu riskieren. Aber: "Die vor allem auch von den Vorsitzenden (des Forums) vorgegebene rote Linie wurde immer in Richtung deckungsgleich mit der der Bischöfe verschoben", so Nagel.


Die Diakoninnenmöglichkeitsprüfungsprüfungskommission


Auch die sogenannten Reformer halten ihr Bischofskleidchen in den Wind des Heiligen Thomas. Auch sie sagen nicht klar und deutlich nein zu einer Lehre, die Frauen Selbstbestimmung abspricht im Namen einer angeblich göttlichen Bestimmung. Der Ausschluss von Weiheämtern ist nur die Folge dieser ideologisch begründeten Herabwürdigung.


Bei allem Respekt vor der Arbeit der Synodalen: Ausgerechnet eine Veranstaltung, die systemische Bedingungen des Missbrauchs angehen will, spinnt das Seemannsgarn von der zu prüfenden Frau fort.


Als vor sechs Jahren mein kleines lila Buch "Der Weiberaufstand" erschien, hatte Papst Franziskus gerade eine Diakoninnenmöglichkeitsprüfungskommission einberufen. Anfang der 2000er Jahre hatte auf Geheiß von Johannes Paul II. und Joseph Ratzinger die Internationale Theologenkommission zum selben Thema getagt. Das Ergebnis wurde 2003 von der Glaubenskongragtion veröffentlicht, den länglichen Text kann man hier nachlesen: Der Diakonat: Entwicklung und Perspektiven (2003) (vatican.va)


Es war kein Nein und kein Ja, also praktisch ein Nein. Die 2016 berufene Diakoninnenmöglichkeitsprüfungskommission kam zu keinem Ergebnis, was praktisch auch nein bedeutet. Seit 2020 tagt eine neue Diakoninnenmöglichkeitsprüfungsprüfungskommission. Zwischenzeitlich debattierte die Amazonas-Synode darüber, Diakoninnen zu weihen, aber Franziskus fand, die Zeit sei noch nicht reif dafür. Die Geister müssten noch unterschieden werden. Jesuitinnen mögen für so viel Geist der Unterscheidung Verständnis haben -, wenn es denn Jesuitinnen gäbe.


Von den vielen bittenden Enden des Synodalen Weges ist das Frauendings ein besonders bitteres.


Die Dienerin in mir flüstert: Sei doch nicht so negativ! Hoffnung! Hoffnung! Hoffnung! Katholikinnen möchten bei Lesungen oft von mir wissen, wie sie "ins Handeln kommen können" statt bloß zu kritisieren.


In einem Buch über den Erfolgsfaktor Zufall las ich kürzlich ein tolles Wort: Serendipität. Das meint Offenheit für Überraschungen. Der Zufall wollte es, dass meine Tochter just am Samstag, als ich die Frauendebatte auf dem Synodalen Weg verfolgte, einen Buchtipp per Whats App schickte. Sie saß im Zug und wollte mich an ihrer Lektüre teilhaben lassen. Wer den "Weiberaufstand" kennt, erinnert sich vielleicht an die Episode aus dem letzten Kapitel: Als ich das lila Buch schrieb, rief mir meine Tochter zu: "Ich werde es nicht lesen".


Jetzt ist sie sechs Jahre älter und hat sich daran gehalten. Aber es freut das Mutterherz, wenn das Kind überhaupt etwas liest. Ihr Tipp: "Kompromisslos verhandeln" von Chris Voss. Untertitel: "Die Strategien und Methoden des FBI- Chefs".


Weil ich seit neuestem offen für Serendipität bin, schreibe ich nicht, dass ich die synodale Antwort auf die Frauenfrage habe kommen sehen. Ich schreibe nicht, dass wie erwartet die Mädels mit dem Chauvi-Spruch "Seid nicht so ungeduldig" auf die hinteren Plätze verwiesen werden. Ich schreibe nicht, dass die Diskriminierung weitergeht, auch mit freundlicher Unterstützung der "Refomer".


Der Klappentext des FBI-Chefs wirbt: "Neun effektive Prinzipien wie aktives Zuhören und taktische Empathie sorgen dafür, dass man privat und beruflich alles im Griff hat". Ich bin ehrlich überrascht, dass die hochwürdigten Herren säkulare Ratgeber lesen. Aber gut: Auch Geheimdienst ist Dienst. Die Bischöfe sind nicht ins Handeln gekommen, aber ins Verhandeln. Sie haben aktiv zugehört, taktische Empathie gezeigt. Und die gefährlichen Weiber in den Griff gekriegt.








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